Bündnis 90/Die Grünen – Stadtratsfraktion
Rede der Fraktionsvorsitzenden Brigitte Dittrich für die Haushaltsberatungen am 01.12.2009
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Haushaltsberatungen in Zeiten der Wirtschaftskrise, das bedeutet:
Sparen, an allen Ecken und Enden. Einbrechende Steuereinnahmen, die Katastrophe der Quelle, Sparauflagen
der Regierung – das lässt keinen Spielraum. Aber: Gerade in dieser schwierigen Situation, in der es nicht ums
Spielen geht, in der Klientelpolitik hintenansteht, da ist es besonders wichtig, Prioritäten richtig zu setzen.
Wir dürfen die Krise nicht nur verwalten, sondern müssen vorsorgen, damit aus dem wirtschaftlichen Desaster
kein gesellschaftliches wird, keine Bildungskrise, keine Sicherheitskrise, kein Verlust an Lebensqualität für
Jahrzehnte.
Was bedeutet das, 10 Millionen einzusparen? 10 Millionen in einer Stadt von 113000 Einwohnern, das sind
knapp 90 Euro pro Person und Jahr. Nicht allzuviel – jedenfalls für Viele. Für Einige allerdings sind diese 90
Euro ein Vermögen, bedeuten gar den Arbeitsplatz – weil eben dieser Betrag eingespart werden muss. Oder,
weil aufgrund von Sparzwängen, Stellen nicht besetzt werden können.
Wo also sollen diese 10 Millionen Euro gespart werden, wie kann diese Einbuße aufgefangen werden?
Sparmaßnahmen im Niedriglohnsektor, Sparmaßnahmen in der Kinderbetreuung, Sparmaßnahmen bei
notwendigen Arbeiten. Sparen bei der Mittagsbetreuung, sparen beim Betreuungspersonal, das werden teure
90 Euro für viele …
Jetzt schon fehlen 17 Erzieherinnen, um Förderung im Kindergarten zu erreichen, anstatt bloßes
Aufbewahren. Dazu soll bei Spiel- und Unterrichtsmaterial gespart werden, an der musischen Förderung und
bei den Sportvereinen.
Das Anregungen und Bitten aus Stadtteilversammlungen und jugendpolitischen Zirkeln nicht umzusetzen,
gerade junge Menschen, die sich engagiert haben, zu brüskieren …
Das werden sehr teure neunzig Euro, wenn eben diese Jugendlichen ihre Wut in Bahnhofsunterführungen
herumtragen, weil das Geld für Basketballplätze und das Personal für Jugendarbeit eingespart worden ist.
Für die Nordumgehung von Burgfarrnbach dagegen wird ein Betrag angesetzt, der ein Zehntel der
Einsparsumme ausmacht. Der laufende Bauunterhalt der Brücken ist eine notwendige Investition, aber
darüber hinaus wird fast eine weitere Million Euro für den Ausbau von Straßen aufgewendet – wegen des
hohen Verkehrsaufkommens. Scheinbar ist es nicht möglich, den Autofahrern etwas zu verweigern, wohl aber
den Kindergärten, den Schülern, behinderten und alten Menschen.
Weniger Geld für die „freiwilligen Leistungen, das ist weniger Geld für die Bedürftigen: Bahnhofsmission und
Schuldnerberatung, die Tafeln und die Freiwilligenarbeit müssen, mit den Wohlfahrtsverbänden, den Gürtel
enger schnallen. Aber 75.000 Euro dafür, dass der Stadtpark automatisch bewässert wird – und so
Lohnkosten gespart, sprich weitere Menschen in die Arbeitslosigkeit entlassen werden, die sind auch noch
vorhanden.
Wer öffentlichen Grund nutzt, der zahlt dafür – Gastwirte, die einen Tisch auf den Bürgersteig stellen,
bekommen genau so eine Rechnung, wie Veranstalter, die Plakate aufstellen. Das ist Recht und richtig – aber
warum zahlt ein Autobesitzer, der sein Vehikel auf 10 Quadratmeter öffentlichem Grund parkt, in großen
Teilen der Stadt nicht? Warum sollen wir Hunderttausende ausgeben, damit den Autos Platz gegeben wird,
und dafür an Platz und Ausstattung für die Kinder- und Jugendeinrichtungen sparen?
Ebenfalls gespart werden soll an der Gesundheit von Schülern und Sportlern – die immer noch anstehenden
PCB-Sanierungen zu verzögern bedeutet, die BenutzerInnen dieser Einrichtungen Tag für Tag einem
krebsauslösenden Gift auszusetzen. Zynischer kann man kaum noch Sparen, auch in Hinblick auf die
Erhöhung der Friedhofsgebüren.
Dass ein undichtes Dach repariert werden muss, wenn man weitaus teurere Schäden vermeiden will, weiß
wahrscheinlich jeder – mit Ausnahme der Verantwortlichen für das diesjährige Sparpaket. Oder rechnet man
so fest mit dem Rückgang der Schülerzahlen, dass das Helene Lange Gymnasium in absehbarer Zeit
entbehrlich wird? Oder ist es eine Sonderform des naturwissenschaftlichen Zweiges, im dem gelehrt wird,
Regenwasser in Töpfen aufzufangen?
Vielleicht ist es keine Sparmaßname, sondern eine weitsichtige Investition, eine Marketingidee, auf die
regelmäßige Überprüfung von Hallendächern zu verzichten – Bad Reichenhall war jedenfalls lange in den
Schlagzeilen, und noch heute kennt man diese Stadt.
Fürth wächst. Das ist sehr schön, und natürlich tut die Stadt viel, damit Alteingesessene wie Zugezogene hier
eine lebenswerte Umgebung vorfinden: Mehr als die Hälfte der Investitionen gehen an Schulen, Kitas und
Sportstätten, das ist durchaus erfreulich – dennoch: Bei all den aufwändigen Sanierungen war kein Spielraum
für behindertengerechte Planung. Scheinbar rechnet man nicht mit Zuwanderern, die derartiges benötigen.
Oder setzen die Verantwortlichen auf einen gewissen Abschreckungseffekt?
Wir müssen sparen – 90 Euro pro Einwohner und Jahr. Das ist nicht einfach, das macht niemanden glücklich.
Aber wenigstens können wir diese Last so verteilen, dass eben nicht diejenigen die Zeche zahlen, für die 90
Euro ein Vermögen sind – und andere, für die dieses Geld eine Lappalie ist, ihre Sonderwünsche erfüllt
bekommen.
Die Vorlage der Verwaltung ist mit viel Arbeit erstellt worden, eine gute Leistung – Aber sie hat eben auch
Schwächen, die hier, im Stadtrat, ausgebessert werden müssen, dazu sind wir hier.
Auf die Missstände in den Sparvorschlägen nicht zu reagieren, nicht gegenzusteuern, wenn den Sparexperten
ein Fehler unterlaufen ist, das nenne ich nicht Haushaltsdisziplin, und nicht Sachzwang – das ist schiere
Fahrlässigkeit.
Bündnis 90/Die Grünen – Stadtratsfraktion
Rede der Fraktionsvorsitzenden Brigitte Dittrich für die Haushaltsberatungen am 01.12.2009
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Haushaltsberatungen in Zeiten der Wirtschaftskrise, das bedeutet:
Sparen, an allen Ecken und Enden. Einbrechende Steuereinnahmen, die Katastrophe der Quelle, Sparauflagen
der Regierung – das lässt keinen Spielraum. Aber: Gerade in dieser schwierigen Situation, in der es nicht ums
Spielen geht, in der Klientelpolitik hintenansteht, da ist es besonders wichtig, Prioritäten richtig zu setzen.
Wir dürfen die Krise nicht nur verwalten, sondern müssen vorsorgen, damit aus dem wirtschaftlichen Desaster
kein gesellschaftliches wird, keine Bildungskrise, keine Sicherheitskrise, kein Verlust an Lebensqualität für
Jahrzehnte.
Was bedeutet das, 10 Millionen einzusparen? 10 Millionen in einer Stadt von 113000 Einwohnern, das sind
knapp 90 Euro pro Person und Jahr. Nicht allzuviel – jedenfalls für Viele. Für Einige allerdings sind diese 90
Euro ein Vermögen, bedeuten gar den Arbeitsplatz – weil eben dieser Betrag eingespart werden muss. Oder,
weil aufgrund von Sparzwängen, Stellen nicht besetzt werden können.
Wo also sollen diese 10 Millionen Euro gespart werden, wie kann diese Einbuße aufgefangen werden?
Sparmaßnahmen im Niedriglohnsektor, Sparmaßnahmen in der Kinderbetreuung, Sparmaßnahmen bei
notwendigen Arbeiten. Sparen bei der Mittagsbetreuung, sparen beim Betreuungspersonal, das werden teure
90 Euro für viele …
Jetzt schon fehlen 17 Erzieherinnen, um Förderung im Kindergarten zu erreichen, anstatt bloßes
Aufbewahren. Dazu soll bei Spiel- und Unterrichtsmaterial gespart werden, an der musischen Förderung und
bei den Sportvereinen.
Das Anregungen und Bitten aus Stadtteilversammlungen und jugendpolitischen Zirkeln nicht umzusetzen,
gerade junge Menschen, die sich engagiert haben, zu brüskieren …
Das werden sehr teure neunzig Euro, wenn eben diese Jugendlichen ihre Wut in Bahnhofsunterführungen
herumtragen, weil das Geld für Basketballplätze und das Personal für Jugendarbeit eingespart worden ist.
Für die Nordumgehung von Burgfarrnbach dagegen wird ein Betrag angesetzt, der ein Zehntel der
Einsparsumme ausmacht. Der laufende Bauunterhalt der Brücken ist eine notwendige Investition, aber
darüber hinaus wird fast eine weitere Million Euro für den Ausbau von Straßen aufgewendet – wegen des
hohen Verkehrsaufkommens. Scheinbar ist es nicht möglich, den Autofahrern etwas zu verweigern, wohl aber
den Kindergärten, den Schülern, behinderten und alten Menschen.
Weniger Geld für die „freiwilligen Leistungen, das ist weniger Geld für die Bedürftigen: Bahnhofsmission und
Schuldnerberatung, die Tafeln und die Freiwilligenarbeit müssen, mit den Wohlfahrtsverbänden, den Gürtel
enger schnallen. Aber 75.000 Euro dafür, dass der Stadtpark automatisch bewässert wird – und so
Lohnkosten gespart, sprich weitere Menschen in die Arbeitslosigkeit entlassen werden, die sind auch noch
vorhanden.
Wer öffentlichen Grund nutzt, der zahlt dafür – Gastwirte, die einen Tisch auf den Bürgersteig stellen,
bekommen genau so eine Rechnung, wie Veranstalter, die Plakate aufstellen. Das ist Recht und richtig – aber
warum zahlt ein Autobesitzer, der sein Vehikel auf 10 Quadratmeter öffentlichem Grund parkt, in großen
Teilen der Stadt nicht? Warum sollen wir Hunderttausende ausgeben, damit den Autos Platz gegeben wird,
und dafür an Platz und Ausstattung für die Kinder- und Jugendeinrichtungen sparen?
Ebenfalls gespart werden soll an der Gesundheit von Schülern und Sportlern – die immer noch anstehenden
PCB-Sanierungen zu verzögern bedeutet, die BenutzerInnen dieser Einrichtungen Tag für Tag einem
krebsauslösenden Gift auszusetzen. Zynischer kann man kaum noch Sparen, auch in Hinblick auf die
Erhöhung der Friedhofsgebüren.
Dass ein undichtes Dach repariert werden muss, wenn man weitaus teurere Schäden vermeiden will, weiß
wahrscheinlich jeder – mit Ausnahme der Verantwortlichen für das diesjährige Sparpaket. Oder rechnet man
so fest mit dem Rückgang der Schülerzahlen, dass das Helene Lange Gymnasium in absehbarer Zeit
entbehrlich wird? Oder ist es eine Sonderform des naturwissenschaftlichen Zweiges, im dem gelehrt wird,
Regenwasser in Töpfen aufzufangen?
Vielleicht ist es keine Sparmaßname, sondern eine weitsichtige Investition, eine Marketingidee, auf die
regelmäßige Überprüfung von Hallendächern zu verzichten – Bad Reichenhall war jedenfalls lange in den
Schlagzeilen, und noch heute kennt man diese Stadt.
Fürth wächst. Das ist sehr schön, und natürlich tut die Stadt viel, damit Alteingesessene wie Zugezogene hier
eine lebenswerte Umgebung vorfinden: Mehr als die Hälfte der Investitionen gehen an Schulen, Kitas und
Sportstätten, das ist durchaus erfreulich – dennoch: Bei all den aufwändigen Sanierungen war kein Spielraum
für behindertengerechte Planung. Scheinbar rechnet man nicht mit Zuwanderern, die derartiges benötigen.
Oder setzen die Verantwortlichen auf einen gewissen Abschreckungseffekt?
Wir müssen sparen – 90 Euro pro Einwohner und Jahr. Das ist nicht einfach, das macht niemanden glücklich.
Aber wenigstens können wir diese Last so verteilen, dass eben nicht diejenigen die Zeche zahlen, für die 90
Euro ein Vermögen sind – und andere, für die dieses Geld eine Lappalie ist, ihre Sonderwünsche erfüllt
bekommen.
Die Vorlage der Verwaltung ist mit viel Arbeit erstellt worden, eine gute Leistung – Aber sie hat eben auch
Schwächen, die hier, im Stadtrat, ausgebessert werden müssen, dazu sind wir hier.
Auf die Missstände in den Sparvorschlägen nicht zu reagieren, nicht gegenzusteuern, wenn den Sparexperten
ein Fehler unterlaufen ist, das nenne ich nicht Haushaltsdisziplin, und nicht Sachzwang – das ist schiere
Fahrlässigkeit.
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