Will die Stadt Fürth in Zeiten drohender Energieknappheit ernsthaft noch mehr überdimensionale digitale Werbetafeln im Stadtgebiet zulassen? Um diese Frage ging es am 17.10.22 im Wirtschafts- und Grundstücks- Ausschuss. Die Menschen in Deutschland sollen Energie sparen, gleichzeitig leuchten an mehreren Stellen im Stadtgebiet (aktuell ja aufgrund Bundesverordnung zeitlich begrenzt) große LED-Displays, die in den letzten Jahren installiert wurden. Die GRÜNEN-Fraktion hatte daher den Antrag gestellt, dass bis auf Weiteres keine zusätzlichen Werbetafeln mehr genehmigt werden sollen.
Doch die Stadtspitze wollte sich nicht darauf einlassen. Sie bot allerlei fadenscheinige Argumente auf: z. B. die „Umweltschädlichkeit“ von herkömmlichen Plakaten, das Bezeichnen der Werbetafeln als Fortschritt in der angestrebten Digitalisierung der Stadt und die behauptete Integration in ein Parkleitsystem, die noch in keinem Ausschuss Thema war. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Tafeln übrigens auch für Gefahrenmitteilungen durch die Stadt genutzt werden können.
Nur eine weitere Ausrede in den Augen von GRÜNEN-Stadtrat Philipp Steffen: „Das mag ein nützlicher Nebeneffekt sein, aber in erster Linie sind es Werbeanlagen. Und wenn die Lage so ernst ist, dass europaweit Regierungen zum Verzicht aufrufen, dann sollte Werbung dabei nicht ausgespart werden. Abgesehen vom Energiebedarf gibt es weitere schädliche Folgen dieser Werbetafeln, wie z.B. die Lichtverschmutzung, die wiederum schlimme Auswirkungen auf Mensch und Tier hat.“
Doch eigentlich sollte schon der enorme Energieverbrauch als Argument genügen, um keine weiteren LED-Boards zu genehmigen. Laut Tagesschau verbrauchen die gigantischen Großmonitore mehr als hundert Mal so viel Strom wie hintergrundbeleuchtete Plakate. Ca. 40.000 Kilowattstunden im Jahr benötigt beispielsweise nach Angaben der Initiative „Hamburg Werbefrei“ ein 10 Quadratmeter großes Board im 24-Stunden-Betrieb – also so viel wie ca. 30 Single-Haushalte.
Und dennoch ging es im GRÜNEN-Antrag explizit nicht um die Abschaltung aller bestehenden Werbetafeln, sondern nur darum, keine neuen mehr zu genehmigen, wie Philipp Steffen erläutert: „Die Argumente für und gegen die Werbetafeln sind hinlänglich aus der Diskussion um die Genehmigung der ersten Tafeln bekannt. Deshalb haben wir einen Kompromiss-Antrag gestellt, bei dem wir dachten, dass er in den aktuellen Krisenzeiten breite Zustimmung finden würde. Zeitungen, Magazine, Fernsehsendungen, Soziale Medien- überall liest man Energiespartipps und die Forderung, die Bürger*innen mögen sich einschränken, wo immer es geht. Die Stadt selbst schaltet nun sogar nachts mehr Ampeln ab. In diesen Zeiten neue Energieschleudern wie diese riesigen Digitalboards zu genehmigen, konterkariert absolut diese Bemühungen!“
Entsprechend enttäuscht war die GRÜNEN-Fraktion nach der Ablehnung des Antrags. Doch warum will die Fürther Stadtspitze unbedingt an den Werbetafeln festhalten? Fun fact am Rande: Oft beinhalten die Verträge der Anbieter dieser digitalen Werbetafeln auch einen Passus, in dem der jeweiligen Stadt vergünstigte oder sogar Gratis-Werbemöglichkeiten eingeräumt werden. Dann könnten die weithin sichtbaren Leuchtpanels auch für durchaus wirksame und günstige Eigen-PR genutzt werden. Entsprechend muten auch die städtischen Einblendungen auf den bereits bestehenden Screens an: Wenig echte Bürger*innen-Information liest man dort, dafür viel Eigenlob und Erfolgsmeldungen der Stadtspitze.
Philipp Steffen ist jedenfalls nach wie vor überzeugt: „Auch über die akute Energiekrise hinaus wird ein sparsamer Umgang mit Energie in den kommenden Jahren geboten sein. Immer mehr riesige Bildschirme setzen hier das völlig falsche Signal.“
Das Thema fand breites mediales Interesse, auch die Zeit berichtete darüber: https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fgreen%2F2022-12%2Fdisplaywerbung-energiesparen-klimakrise-stadt
Neuste Artikel
Familien Jugend Jugendarbeit Kinder Spielplätze Sport
Antrag: Übersicht über öffentliche Sportplätze für Jugendliche in Fürth
19. Juni 2025 – Die Beachvolleyballfelder an der Friedensanlage sind bei schönem Wetter völlig überlastet. Das wirft die Frage auf, wie es im Allgemeinen um öffentliche Sportanlagen für Fürther Jugendliche bestellt ist und welche Pläne es für die nächsten Jahre gibt, diesen Bereich auszubauen. Gerade in Zeiten von verstärkter Handynutzung ist Bewegung für die gesunde…
Denkmalpflege Denkmalschutz Denkmalstadt Innenstadt Tauben
Leer stehendes Baudenkmal in der Pickertstraße: Nachdenken schützt vor Populismus
4. Junli 2025 – Den Twist muss man erst einmal hinkriegen: Die GRÜNEN-Stadträt*innen stellen den Antrag, gegenüber dem Besitzer eines Baudenkmals alle Register zu ziehen, damit dieser das Haus mitten in Fürths guter Stube rund um die Hornschuchpromenade nicht weiter verlottern lässt… und am Ende kann Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung nicht widerstehen, die populistischen Ausreden…
Ämter Bürgeramt Bürokratie Stadtverwaltung Verwaltung
Mehr Transparenz für Verwaltungsvorgänge durch Vorgangs-Status-ID
Jede*r kennt die Sendungsverfolgung vom Warten auf ein Paket: Moderne Dienstleistungsbetriebe arbeiten oft mit sogenannten „Tickets“, die einem Vorgang oder einer Anfrage zugeordnet werden – selbstverständlich nur auf Wunsch und mit Einwilligung der Betroffenen. Einzelne Bearbeitungsschritte können dann über das Ticket angesehen werden. Oft werden beim Erreichen von bestimmten Zwischenschritten Nachrichten an die Bürger*innen verschickt….
Ähnliche Artikel
Bauen | Energie | Energieverbrauch | Energiewende | Erneuerbare Energien | Klimaschutz | Regenerative Energien | Solarenergie | Windenergie
Erfolgreiche Umsetzung einer GRÜNEN-Idee: Die Energiekarawane
Es ist nicht immer einfach und die Bretter, die wir bohren müssen, sind in der Regel recht dick. Aber es gelingt uns trotzdem immer wieder, genügend Stadträt*innen anderer Fraktionen von grünen Ideen zu überzeugen. Aktuelles Beispiel: die „Energiekarawane“: Hinter dem Begriff verbirgt sich eine aufsuchende Energieberatungskampagne für Privatpersonen. Ziel ist es, Energiesparmaßnahmen zu bewerben und…
Jugendliche | Kinder | Schule | Schulen | Verkehr | Verkehrssicherheit
Mehr Schulwegsicherheit in der Waldstraße
Die Humanistische Grundschule liegt in der Fürther Südstadt an der Waldstraße im Umfeld eines großen Gewerbegebiets mit dem entsprechenden Verkehr. Auch viele LKWs fahren in den Straßen, die die meisten Kinder auf ihrem Schulweg passieren müssen. Zwar gilt von 7 bis 17 Uhr eine temporäre Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h, doch der Schulweg wird trotzdem von…
Jugendliche | Kinder | Verkehr | Verkehrsführung | Verkehrssicherheit
Sichere Überquerung der Würzburger Straße
Dass es aktuell keine wirklich praxisnahe Möglichkeit für Fußgänger*innen gibt, um gefahrenlos oberirdisch zwischen Wehlauer Straße und Unterfarrnbacher Straße über die Würzburger Straße zu kommen, ist bisher nicht weiter aufgefallen. Doch durch die neue Rollsporthalle an der Wehlauer Straße verändert sich etwas an dieser Kreuzung. „Von der Rollsporthalle zum Fast-Food-Restaurant, den Einkaufsmöglichkeiten und den Stadtteilen…