Zwei sehr unterschiedliche Bauwerke – ein gemeinsames Problem: Das Landesamt für Denkmalpflege (LfD) weigert sich, den Denkmalstatus anzuerkennen – und so ist das Ringen um den Erhalt der Kofferfabrik ebenso wie des markanten Holzpavillons an der Friedenstraße beschwerlicher, als es sein müsste. In beiden Fällen stützen LfD und Stadt die Erwartungen der Eigentümer*innen, den Daumen senken zu dürfen und die Gebäude abzureißen, in beiden Fällen handelt es sich zufällig um die gleiche Immobilienfirma und in beiden Fällen setzen sich die GRÜNEN-Stadträt*innen engagiert für den Erhalt ein.
Die Kofferfabrik ist die drittgrößte Spielstätte für darstellende Kunst in Fürth und ein wichtiges soziokulturelles Zentrum mit einer überregionalen Ausstrahlungskraft. Die Beliebtheit wurde deutlich, als nach der öffentlichen Berichterstattung zur Kündigung eine lebhafte Diskussion zum Erhalt der Kultureinrichtung entbrannte. Doch nicht nur um der Kultur willen, auch aus Gründen des Städtebaus und industriekulturellen Denkmalschutzes sind die baulichen Anlagen der früheren Firmen „Winkler&Kütt“ bzw. „BERMAS Kofferfabrik“ erhaltenswert. GRÜNEN-Stadtrat Felix Geismann präzisiert: „Zur besonderen Atmosphäre und Identität des soziokulturellen Zentrums trägt der besondere bauliche Charakter des Gebäude-Ensembles bei. Die Bauwerke der ehemaligen Spiegelfabrik „Winkler & Kütt“ sind deshalb nicht nur als Zeugnisse der Industriekultur aus Fürths prägender Epoche und Branche zu erhalten, sondern auch aufgrund ihrer Ausstrahlungskraft auf ein kreatives und pluralistisches Milieu.“
Die Eigentümer*innen ruderten zurück: Bei der Kündigung der Kultureinrichtung habe es sich um ein bedauerliches Versehen gehandelt. Offiziell widerrufen, so betont Betreiber Udo Martin, ist die Kündigung jedoch bis heute explizit nicht. Da die Eigentümerfamilie Lauer keinen Hehl daraus macht, dass man für die kulturelle Nutzung mittelfristig keine Zukunft sieht und nicht willens ist, in den Bauunterhalt zu investieren, muss die Stadt nun überlegen, wie es in diesem Bereich weitergehen soll und was sie beitragen kann, um eine Perspektive für den Kulturort zu schaffen. Felix Geismann hat konkrete Vorstellungen: „Die Bedeutung der Kultur-Institution und ihrer baulichen Anlagen erfordert höchste Sensibilität bei der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung dieses Bereichs der Oststadt. Deshalb ist die Stadt gefordert, für das Quartier aktiv eine Perspektive zu skizzieren, bevor es Privatinvestor*innen tun. Nur mit einer aktiven Stadtplanung, die verbindliche Vorgaben formuliert, können wir hier zum Fortbestand eines ganz besonderen Areals mit seiner soziokulturellen Identität beitragen.“
In einem entsprechenden Antrag forderte die GRÜNEN-Stadtratsfraktion zum Bau- und Werkausschuss am 10. März 2021 den Aufstellungsbeschluss für ein Bebauungsplanverfahren mit Veränderungssperre und erkundigte sich auch nach den Modalitäten entsprechender städtischer Vorkaufsrechte. Weil das Areal im Bereich des bestehenden Sanierungsgebiets „Oststadt“ liegt, regte die Baureferentin in der Sitzung an, kein Bebauungsplanverfahren aufzunehmen, sondern im Dialog mit Eigentümer*innen, Anwohner*innen oder Interessensverbänden ein integriertes Stadtentwicklungskonzept für das Areal zwischen Lange Straße und Dr.-Mack-Straße zu erarbeiten, dessen Ziele sich planerisch im bestehenden Sanierungsgebiet abbilden lassen. Das ist ein erster Schritt in eine gute Richtung, erfordert aber noch einiges an Begleitung. So darf die Stadt beispielsweise die Eigentümer*innen nicht aus der Verpflichtung zum Bauunterhalt entlassen.
Beim kleinen hellgrauen Holzpavillon in der Friedenstraße lassen der offenbar konstruktiv verlaufene letzte Ortstermin und auch das öffentliche Interesse hoffen, dass vom ursprünglichen Abrissplan Abstand genommen wird. Bei dem 1907 errichteten Pavillon mit den markanten Schaufenstern handelte es sich ursprünglich um einen Ausstellungs- und Lagerraum für Grabsteine; später war ein Blumengeschäft darin untergebracht. „Die Denkmaleigenschaft dieses historischen Bauwerks erkennen wir nicht nur in seiner qualitätsvollen Gestaltung und darin, dass es sich um eines der wenigen erhaltenen vergleichbaren Bauwerke im Stadtgebiet handelt. Vielmehr besteht ein städtebaulicher und stadtgesellschaftlicher Zusammenhang zu den denkmalgeschützten Anlagen am nahen Friedhof an der Erlanger Straße und den bis heute um diesen herum erhaltenen Steinmetz-Betrieben.“, erläutert Felix Geismann. Schon im Dezember 2020 haben die GRÜNEN-Stadträt*innen daher den Antrag gestellt, das Haus zu erhalten.
Bei einem Ortstermin stellte sich kürzlich laut Presseberichten heraus, dass Baukörper und Dach solide sind; der Bau insgesamt wurde als „sanierungsbedürftig, aber auch sanierungsfähig“ eingestuft. Wie aufwändig eine Instandsetzung ist, soll nun ein*e Gutachter*in herausfinden.
Für die GRÜNEN-Stadtratsfraktion gibt es noch eine zweite Option, wie Felix Geismann darlegt: „Priorität hat der Erhalt des Bauwerks an der historisch authentischen Stelle. Hilfsweise kann die Versetzung des Gebäudes auf den Friedhof erfolgen – beispielsweise als Ergänzung für das in der Bevölkerung beliebte Friedhofscafé. Für die Versetzung des Gebäudes ist allerdings eine Kostenbeteiligung des Bauherrn als Auflage in die Abbruchgenehmigung aufzunehmen.“
Die GRÜNEN-Fraktion hat sich in den letzten Monaten intensiv mit den beiden Fällen von bedrohtem baulichen Erbe unserer Stadt auseinandergesetzt und mit ihren Anträgen dazu beigetragen, verstärkt Öffentlichkeit für die Potenziale des Erhalts zu schaffen. Wege zu annehmbaren Lösungen sind für die beiden aus den unterschiedlichsten Gründen schützenswerten Bauten aufgezeichnet – Die GRÜNEN-Fraktion wird die weitere Entwicklung konstruktiv wie wachsam begleiten.
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