Die Wirtschaft initiiert, der Steuerzahler finanziert – Soziale Marktwirtschaft sieht anders aus. 10 Millionen Euro Steuergelder, das Fehlen eines Finanzkonzeptes für den langfristigen Betrieb und die Konkurrenz zur geplanten Rathauserweiterung sprechen aus Sicht von Kreisverband und Stadtratsfraktion gegen das geplante Ludwig-Erhard-Haus in Fürth.
In der Öffentlichkeit wurde zu Beginn der Diskussion der Eindruck vermittelt, in Fürth würde ein von der Wirtschaft finanziertes Ludwig-Erhard-Haus zum Andenken an den ehemaligen Bundeswirtschaftsminister und Bundeskanzler sowie ein Forschungs- und Dokumentationszentrum zur Sozialen Marktwirtschaft errichtet. Nun stellt sich heraus, dass lediglich die Idee aus der Wirtschaft stammt, die Finanzierung jedoch fast ausschließlich aus Steuergeldern erfolgen soll.
Die geschätzten 10 Mio. € Baukosten werden aus Städtebaufördermitteln finanziert, 12,5 % der Baukosten – also rund 1,25 Mio. € – muss die Stadt Fürth übernehmen. Gleiches gilt für den laufenden Betrieb, die veranschlagten Kosten in Höhe von ca. 790.000 Euro pro Jahr sollen ebenfalls in erheblichem Umfang aus Steuergeldern finanziert werden – im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Trägerschaft durch den Bund bzw. durch den Freistaat Bayern.
Diese Art der Finanzierung ist eine eigenwillige Interpretation von „Sozialer Marktwirtschaft“: die Wirtschaft hat eine Idee, betreibt hierfür erfolgreich Lobbyarbeit bei den politischen Mandatsträgern auf Landes- und Bundesebene und lässt sich diese dann von den Steuerzahlern finanzieren, ist dies das aktuelle Verständnis von „Sozialer Marktwirtschaft“? Mit einer Stiftungsprofessur – finanziert von der Wirtschaft – hätte man der Grundidee der Sozialen Marktwirtschaft sicherlich besser dienen können.
Völlig unverständlich ist die Haltung des Fürther Stadtrates. Obwohl in der Stadtratssitzung im Dezember für 31.000 Euro eine Machbarkeitsstudie zum Raumprogramm, Nutzungskonzept, Finanzierung etc. beauftragt wurde – aus Steuergeldern der Städtebauförderung finanziert – Eigenanteil der Stadt Fürth knapp 4.000 Euro – wurden die Ergebnisse nicht abgewartet, sondern bereits in der Februar-Sitzung des Stadtrates ohne Fakten, Zahlen, Flächenbedarf o.ä. ein Architektenwettbewerb zur Gestaltung des Ludwig-Erhard-Hauses beschlossen, Kosten hierfür weitere 120.000 €, ebenfalls ausschließlich über Steuergelder finanziert, Eigenanteil der Stadt Fürth 15.000 Euro – in der Summe somit ca. 20.000 € aus dem Haushalt der Stadt Fürth.
Viel gravierender ist nach Ansicht der Stadtratsfraktion jedoch die Tatsache, dass dem Stadtrat bisher kein Finanzierungskonzept für den langfristigen Betrieb des Ludwig-Erhard-Hauses vorgelegt wurde, dennoch werden bereits Steuergelder in erheblichem Umfang verausgabt bzw. in Aussicht gestellt – für die Stadtratsfraktion ein völlig inakzeptabler Umgang mit öffentlichen Geldern. Wie so oft bei Großprojekten in Fürth, wird die Stadt Fürth über kurz oder lang genötigt werden in Form einer Bürgschaft o.ä. dem Ludwig-Erhard-Initiativkreis Fürth e.V. als Bauherrn unter die Arme greifen zu müssen und somit kommen weitere unkalkulierbare Finanzrisiken auf die Stadt Fürth zu.
Angesichts der Haushaltslage der Stadt Fürth sowie den äußerst schmerzhaften Einschnitten im Rahmen der Haushaltskonsolidierung ist es für uns unverständlich, wie sich OB Jung und die Mehrheit des Stadtrates angesichts der unklaren finanziellen Auswirkungen für die Stadt Fürth so vorbehaltlos für ein solches „Prestigeprojekt“ einsetzen können.
Bisher überhaupt nicht diskutiert wurde die Tatsache, dass der geplante Neubau des Ludwig-Erhard-Hauses die Möglichkeit verbaut, an dieser Stelle mittelfristig einen Erweiterungsbau des Rathauses für städtische Dienststellen wie die Kämmerei oder das Rechtsamt zu schaffen. Diese sind aktuell im Ämtergebäude Süd eingemietet, bei einer nachhaltigen Finanzbetrachtung wäre ein Neubau günstiger als die Anmietung, Einsparungen ergäben sich auch aus verbesserten Arbeitsabläufen, denn zur Zeit bleibt viel Arbeitszeit für das Pendeln zwischen dem Innenstadtstandort mit Rathaus, Techn. Rathaus, Wirtschaftsrathaus und Sozialrathaus und dem Ämtergebäude Süd sprichwörtlich auf der Strecke.
Der Vorschlag des Sozialforum Fürth und der entsprechende Antrag Die Linke zielt auf eine sozial gerechte Nutzung des Ludwig-Erhard-Hauses ab. U.E stellt dies keine Lösung dar, denn die geforderten Sozialwohnungen und ebenso die gewünschten Gruppenräume für engagierte BürgerInnen und Initiativen können auch an anderer Stelle zu einem Bruchteil der Kosten geschaffen werden und rechtfertigen in keinster Weise eine Investition von 10 Mio. € bei noch unklaren laufenden Kosten.
Der Kreisverband und die Stadtratsfraktion lehnen daher das Ludwig-Erhard-Haus nach wie vor kategorisch ab.
Für Rückfragen erreichen Sie Herrn Stadtrat Harald Riedel unter 0151/181 30 184.
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