Einige Fürther Straßennamen ehren Personen, die sich durch ihre Unterstützung für das deutsche Kolonialreich oder das NS-Regime hervorgetan haben oder deren soziales Engagement auf Vermögen zurückgreift, das auf Diskriminierung, Raub und Mord fußt (zum Beispiel im Zuge der Arisierung). Vor zweieinhalb Jahren wurde die Schwammbergerstraße in Fürth in Bella-Rosenkranz-Straße umbenannt. Grundlage waren die umfangreichen historischen Forschungen von GRÜNEN-Stadtrat Kamran Salimi, die die Rolle von Adolf Schwammberger als Protagonist des Nazi-Regimes im polnischen Torun zweifelsfrei klärten.
„Es ist höchste Zeit, dass die Stadt Fürth ihrer Verantwortung für die kollektive Erinnerung nachkommt und auch weitere Straßennamen auf den Prüfstand stellt, die nach umstrittenen Personen benannt sind“, findet Kamran Salimi. „Da ist beispielsweise Hermann Löns, ein Heimatdichter ohne jeglichen Fürth-Bezug, der zwar selbst den Nationalsozialismus nicht miterlebte, den die Nazis aber zu Propagandazwecken wegen seiner nationalistischen Schriften zum Vordenker erklärten. Dabei war sein Menschenbild an Frauenverachtung kaum zu übertreffen. Beim Lesen des Lebenslaufs dieses Mannes stellt sich wirklich die Frage, ob man in einer Straße wohnen möchte, die nach ihm benannt ist.“
Weitere Fürther Straßennamen, die wegen ihres Zusammenhangs mit der NS-Ideologie überdacht werden sollten, sind beispielsweise Emil-Nolde-, Hermann-Glockner-, Richard-Wagner-Straße und die Tilsiter Straße. Doch auch verschiedene Kunstwerke und Denkmäler sind Teil dieser städtischen Erinnerungskultur.
Auf der anderen Seite wurden etliche Persönlichkeiten um die Ehre ihrer Mitwirkung an der Gestaltung der Fürther Stadtgesellschaft beraubt: Wie neuere Forschungen zur „Metallspende“ im Dritten Reich zeigen, wurden zahlreiche Kunstwerke, Gedenktafeln und Büsten im Stadtgebiet demontiert, um sie zu Rüstungszwecken im Zweiten Weltkrieg einzuschmelzen. Eine Form der Wiederherstellung und Restitution hat es in den wenigsten Fällen gegeben. An den früheren Standorten gibt es keinerlei Hinweise auf die der Öffentlichkeit geraubten Kunstwerke respektive dankbare Erinnerungen an die einstigen Künstler*innen und Stifter*innen.
Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht mit fatalen Folgen, wie Kamran Salimi erläutert: „Durch diese Prägungen unserer städtischen Erinnerungskultur und des öffentlichen Raums entsteht für nachfolgende Generationen ein Zerrbild darüber, was Vorbilder sind. Verbrechen werden auf diese Weise vertuscht und relativiert.“
Was vor einigen Jahrzehnten als ehrwürdig galt, muss es heutzutage nicht mehr sein. Diese Debatte ist gerade wieder hochaktuell. Die „Black Lives Matter“-Bewegung hat in Folge der Tötung von George Floyd durch US-amerikanische Polizisten der Debatte um strukturellen Rassismus und tief in der Gesellschaft verankerte Protagonist*innen, die mit ihren Ideen Ungleichheit, Rassismus und Diskriminierung befeuert haben oder sich daran massiv bereichert haben, neuen Schub gegeben. In vielen Orten in den USA wurden in diesem Jahr Denkmäler vom Sockel gestürzt – von konföderierten Generälen, Sklavenhaltern etc. Und das neue Bewusstsein für zu Unrecht vergebene Ehren strahlt weltweit aus.
Auch in Fürth sollen Straßennamen überprüft werden und diese Ehrung für zweifelhafte Persönlichkeiten aus dem Stadtplan entfernt werden. Das wäre ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer wirklich fundierten Auseinandersetzung mit der Fürther NS-Zeit, wie sie die GRÜNEN-Stadträt*innen schon länger fordern. Aber es soll nicht darum gehen, die Erinnerung an diese Persönlichkeiten auszulöschen oder Kunstwerke zu zerstören. Kriegsdenkmäler könnten beispielsweise um kommentierende Erinnerungstafeln ergänzt werden, die auch Kritik angemessen erwähnen, das Denkmal in einen größeren Zusammenhang stellen und so ein Zerrbild verhindern. An Standorten von in der Nazi-Zeit entfernten und eingeschmolzenen Kunstwerken und Gedenktafeln sollen Hinweistafeln mit Erklärungen angebracht werden.
Schon im Juni hat die GRÜNEN-Stadtratsfraktion einen entsprechenden Antrag zur nächsten Stadtratssitzung gestellt, der allerdings zur nicht öffentlichen Behandlung im 5. Oktober verwiesen wurde.
Neuste Artikel
Grüne Grüne Verkehrspolitik KOmmunalpolitik Kommunalwahl Kommunalwahl 2026 Stadtentwicklung Wahlen Wahlkampf
Grüne Stadtpolitik sorgt für viele gute Veränderungen in Fürth – leider oft inkognito
14. August 2025 – „Gehen der SPD die Ideen aus? Oder hat man Angst, die GRÜNEN könnten im nächsten Jahr den einen oder anderen SPD-Sitz im Stadtrat erobern? Muss sich deshalb die Stadtspitze mit fremden Federn schmücken? Was ist da los?“ Das fragen sich die GRÜNEN-Stadträt*innen immer öfter, wenn eine von ihnen eingebrachte und ursprünglich…
KOmmunalpolitik Kommunalwahl Kommunalwahl 2026 Oberbürgermeister Oberbürgermeisterkandidat Stadtrat Stadtratswahl Wahlvorschlag
Die Fürther GRÜNEN sind bereit für die Kommunalwahl 2026
27. Juli 2025 – Am Samstag, den 26.7.25 haben die Fürther GRÜNEN ihre Aufstellungsversammlung zur Kommunalwahl 2026 abgehalten. In dieser Versammlung wurde zunächst Kamran Salimi zum Kandidaten für die Oberbürgermeister-Wahl gewählt. Anschließend wurde in einem komplexen basisdemokratischen Verfahren die Liste für die Stadtratskandidierenden zusammengestellt. Bei der OB-Kandidaten-Wahl bekam Kamran Salimi keine einzige Nein-Stimme. „Ich bin…
Kultur kulturelle Vielfalt Kulturförderung Stadtentwicklung Stadtgesellschaft Stadtmarketing Tourismus Veranstaltungen Wirtschaft
Antrag: Zukunft des Vereins Vision Fürth e.V.
23. Juli 2025 – Ob es das New Orleans-Festival ist oder mehrere Bühnen am Fürth-Festival: Der Stadtmarketing-Verein Vision Fürth e. V. ist seit Jahrzehnten ein profilierter Akteur im Veranstaltungsleben der Stadt Fürth. Der Verein trägt wesentlich zur kulturellen Vielfalt und touristischen städtischen Identität und Standortattraktivität bei. Ebenso wichtig sind Instrumente der direkten Wirtschaftsförderung wie das…
Ähnliche Artikel
Geschichte | Grundig | Kultur | kulturelle Vielfalt | museen | Stadtgeschichte
Spatenstich Rundfunkmuseum
Am 14. November 2024 war es endlich soweit: Spatenstich zum neuen Rundfunkmuseum. Doch in der Fürther Kurgartenstraße wird kein Neubau entstehen, wie GRÜNEN-Stadtrat Felix Geismann präzisiert: „Das Rundfunkmuseum befindet sich seit 2001 bereits im perfekten Gebäude: in der ehemaligen Direktions-Villa des Fürther Unternehmers Max Grundig. Das meistbesuchte Museum Fürths wird sehr umfangreich saniert.“ Das ist…
Drittes Reich | Erinnerungskultur | Kultur | Nazi | Nazis | Protest gegen rechts | Rechtsextremismus | Stadtbild
Erinnerung an jüdische Fürther*innen und ihre Schicksale
7. April 2024 – „Nie wieder ist JETZT!“ steht auf vielen Transparenten bei den Demonstrationen gegen Rechts, die derzeit in deutschen Städten stattfinden – auch in Fürth. Weil rechtsradikale und antisemitische Parolen wieder lauter und präsenter werden und rechte Parteien die Demokratie aushöhlen wollen. „Genau in dieser Zeit bräuchte es auch im Alltag deutlich wahrnehmbare…
Bildung | Erinnerungskultur | Geschichte | Kultur | Nationalsozialismus | Stadtgeschichte | Stadtgesellschaft
Antrag: Zukunft für Tagung des Stadtarchivs zur Geschichte der Stadt in der Zeit des Nationalsozialismus
4. April 2024 – Die Tagung des Stadtarchivs zur Geschichte der Stadt in der Zeit des Nationalsozialismus in Zusammenarbeit mit dem Münchener Institut für Zeitgeschichte und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen war ein großer Erfolg: Zwei Tage lang warfen die Referent*innen unter überwältigender Resonanz bei der interessierten Öffentlichkeit ein Licht auf verschiedene, teilweise noch kaum erforschte Aspekte…